Ihr Lieben, ich habe schon wieder Hummeln im Hintern und musste etwas neues ausprobieren. Nachdem mich durch die Mandalas das Malbuch-Fieber gepackt hat, bin ich dabei, diesen Gedanken etwas weiter zu spinnen. Die Mandalas schrien ja quasi durch ihre Symmetrie und Wiederholungen im Muster nach einer rein digitalen Erstellung. Auch der Vollidiot wurde mittels eigener Schriftart, selbst erstelltem Blätter-Brush und ein paar Kreisen direkt im Rechner geboren. Als logische Konsequenz sind dann jetzt wohl die „handgemachten“ Sachen dran. Für die ersten Geh-Versuche auf diesem für mich relativ neuen Terrain habe ich mir das Thema Handlettering ausgesucht.
Warum Handlettering?
Schrift ist ja schon so ein bisschen mein Ding (weit mehr als Menschen oder Blumen!). Beim Lettering geht es um ganze Schriftzüge, die gestaltet werden. Das Schöne daran, wenn man das per Hand macht ist ja, dass man absolut keine Rücksicht darauf nehmen muss, ob es nun eine zur Vorstellung passende Schriftart gibt oder nicht – denn man zeichnet ohnehin alles von Hand.
Beim Umgang mit Papier und Stift ist es wie bei allem anderen: Übung macht den Meister. Am Anfang war es irgendwie ungewohnt und das, was letztenendes auf dem Papier landete, war absolut nicht das, was in meinem Kopf war. Nach kurzer Zeit stieß dann auch noch mein Material an seine Grenzen – der schwarze Stift war am schmieren, das Papier zu dünn und die Bleistift-Linien ließen sich nicht richtig wegradieren.
Zum Material
Zusätzlich zur Übung brachte auch das neue Equipment einen ordentlichen Sprung nach vorne bei den Ergebnissen. Außerdem macht lernen und ausprobieren mit brandneuen Dingen immer viel mehr Spaß als mit altem Kram. War ja in der Schule auch schon so – warum sollte es beim Handlettering anders sein?
Hier also im Detail, was ich mir zugelegt habe: Da ich Stifte und Papier gerne ausprobiere bevor ich sie kaufe, hat mich mein Weg dieses Mal nicht zum großen Online-Händler geführt, sondern in einen Fachhandel vor Ort. Dort habe ich mir ein 6er-Set Pigment Liner von Staedtler* (Affiliate-Link!) mit unterschiedlichen Strichstärken (von 0,05 mm bis 0,8 mm) ausgesucht. Beim riesigen Regal mit Skizzenblöcken kam ich mir dann etwas verloren vor und ließ mich daher von einem echt netten Verkäufer beraten. Aufgrund meiner Anforderungen (gut geeignet für die Pigment Liner und muss auch häufiges Radieren problemlos überstehen) und des guten Preises wurde es dann ein Block von Hahnenmühle FineArt mit 190g-Papier. Erstmal nur in DIN A4, da DIN A3 gerade ausverkauft war. Die drei Aquarell-Stifte und den Pinsel, die allesamt (ganz ganz unbedingt) noch mit mussten, erwähne ich jetzt einfach mal nicht. 😉
Braucht man Vorwissen?
Ich habe zwar außer dem, was man früher in der Schule so machen musste, kaum Zeichen-Vorwissen (obwohl ich Malen eigentlich immer toll fand), aber eine Sache hat mir doch ganz unglaublich geholfen: Ich hatte vor einiger Zeit aus einer Laune heraus einfach mal die Basisschrift gelernt*. Das ist wirklich nicht schwer und hat mich auch nur zwei Abende Zeit gekostet. Außerdem kann ich die Schreibschrift, die wir damals in der Grundschule gelernt haben, noch immer – obwohl das schon *oh-mein-Gott-sind-das-wirklich-so-viele* Jahre her ist. Lasst es mich wissen, wenn ihr Interesse an einem kleinen Exkurs zu diesem Thema habt!
*Dazu habe ich das Kapitel Das handgeschriebene Alphabet aus dem Buch „Mit Herz und Handschrift: Kreative Kalligraphie und farbenfrohe Gestaltung. Mit DVD„* (Affiliate-Link!) durchgearbeitet.
Der 1. Versuch – Bitte nicht lachen!
Ich habe wirklich überlegt, ob ich meine Anfangs-Übungen veröffentlichen soll oder besser nicht. Aber vielleicht hilft es ja dem ein oder anderen zu sehen, welche Verbesserungen in kürzester Zeit möglich sind. Auch wenn es irgendwie peinlich ist.
Da im Mai viele Leute Geburtstag haben, dachte ich mir, ich versuche mich mal an einer Geburtstagskarte. Also habe ich mir mal eben zwei krumme Hilfslinien auf ein viel zu dünnes Blatt Papier gemalt (alles noch mit dem alten Material), da ich die „Anrede“ bogenförmig in Schreibschrift schreiben wollte. Darunter sollte „alles Gute, viel Glück und Gesundheit“ – eben ganz standardmäßig. Wirkliche Gedanken über die Schriftart habe ich mir nicht gemacht, sondern einfach drauf los gezeichnet.
Was besonders auffällt: Die kleinen Buchstaben bei Geburtstagskind sind nicht gleich hoch. Das liegt daran, dass ich mir weder Gedanken darüber gemacht habe, wie „flach“ oder „hochgezogen“ das Wort überhaupt wirken soll, noch die passende Hilfslinie gezogen habe.
In diesem Stil habe ich weiter gemacht und noch ein paar Schnörkel und Blümchen ergänzt. Man sieht dem Ganzen an, dass es noch ziemlich planlos ist. Am Ende habe ich die Linien mit einem schwarzen Stift nachgezogen und die Bleistiftstriche wegradiert. Schließlich habe ich es dann noch eingescannt.
Das einzige, was mir daran gefällt, ist der Schnörkel am unteren Rand.^^
Mein 2. Versuch war ebenfalls relativ planlos und sieht auch dementsprechend aus. ABER, da es sich dabei um ein „Verlogene Schlampe“-Ausmalbild handelt, ist es irgendwie gar nicht mal so unpassend. Ich zeige es euch demnächst,wenn ich es fertig ausgemalt habe. Daher überspringe ich das jetzt an dieser Stelle und komme direkt zum 3. Versuch.
Du bist so clever…
…wie drei Meter Feldweg, dachte ich mir. Warum habe ich mir nicht einfach die passenden Hilfslinien eingezeichnet? Wegradieren muss ich ja ohnehin. Und warum habe ich mir nicht vorher einfach etwas genauer überlegt, wie es hinterher aussehen soll? Ich hoffe, man erkennt auf dem Bild was, es ist ein Schmierpapier mit kleinen Bleistift-Überlegungen, wie es hinterher aussehen könnte.
Anhand meiner Schmierpapier-Überlegungen habe ich dann die ersten Hilfslinien gezogen und losgelegt.
Am Ende sah es dann so aus. Immer noch nicht perfekt, aber schon viel besser.
Und jetzt mal richtig!
Genug mit Gekrakel und Rumprobiererei, es ist an der Zeit, alles zusammenzufassen und ernsthaft was ordentliches bei rauskommen zu lassen – schließlich nennt steht in der Überschrift ja auch was von Handlettering Tutorial. Also Krönchen gerade rücken und los.
Anordnung und Ausrichtung: Es sind vier Zeilen, davon hat die unterste „Überlänge“. Die erste soll in einem Bogen geschrieben sein, die zweite soll den Bogen am oberen Rand aufnehmen, am unteren aber gerade sein, die dritte und vierte sind jeweils komplett gerade. Die ersten beiden schließen seitlich gleich ab, die dritte steht ein wenig über, die vierte bildet eine Art „optische Basis“, da sie weit über die anderen hinausragt (das Wort ist einfach viel länger als die anderen). Die Buchstaben sollen allesamt vertikal ausgerichtet sein, auch die, die in einem Bogen angeordnet sind (im Feldweg-Beispiel sind die Buchstaben der ersten Zeile „Du bist so“ zum Beispiel eben nicht vertikal ausgerichtet, die bei „clever“ aber schon).
Schriftarten: Da man zumindest Teile des Bildes später ausmalen können soll, wollte ich in mindestens zwei Zeilen eine eher breite, serifenlose „Blockschrift“ verwenden. Beim Wort Kettensägenmassaker war es mir wichtig, dass es in einer Schrift gezeichnet wird, die möglichst gegensätzlich zur Wortbedeutung ist. Also eher eine verschnörkelte Schreibschrift. Wichtig fand ich auch, dass sich dieses Wort irgendwie unpassend in das Gesamtbild einfügt.
Die Hilfslinien für den Aufbau sind dieses Mal mit Lineal und Zirkel entstanden. Außerdem gibt es insgesamt auch mehr Linien, nämlich für jede Zeile eigene Unter- und Oberkanten sowie eine für die Höhe der Kleinbuchstaben bzw. der waagerechten Striche in den Großbuchstaben. Auf dem Bild fehlt nur noch die letzte Zeile.
Angefangen habe ich dann mit dem Wort Aufstehen. Ich habe dazu die Buchstaben gezählt, den vorhandenen Platz ausgemessen und entsprechend unterteilt. Dem T bin ich dann beim Zeichnen ganz bewusst ein bisschen von beiden Seiten auf die Pelle gerückt, da es im Vergleich zu den anderen Buchstaben einfach weniger Platz braucht.
Weiter im Text mit Krone richten. Das Besondere an dieser Zeile sind die Leerstelle, die ich als einzelnen Buchstaben gerechnet habe und das i. Besser wäre es vermutlich gewesen, wenn ich beide jeweils nur als „halben“ Buchstaben mit einberechnet hätte. Man sieht ganz gut, dass ich die Abstände und Breite der Buchstaben während des Zeichnens immer wieder nachkorrigiert habe.
Hinfallen bin ich im Anschluss genauso angegangen bis ich mich schließlich ans Kettensägenmassaker gewagt habe. Beim K und beim g habe ich verschiedene Schnörkel und Schwünge ausprobiert – lässt sich ja hinterher wieder wegradieren.
Bereinigt und mit Verzierungen sah es dann so aus. Die dünnen vertikalen Linien beim Aufstehen haben auch noch etwas Unterstützung bekommen.
Da es Teil eines Malbuchs werden soll (ihr erinnert euch an den Spleen, den ich vorgestern angekündigt habe? Ja? Das ist er!), musste natürlich noch etwas mehr „Gedöns“ dazu und ich fand Schnörkel sehr passend. Die Schrift habe ich mit dem 0,3 mm-Pigment Liner nachgezogen, die Schnörkel mit dem 0,2 mm breiten. Nachdem alles ausradiert war, habe ich das Ganze dann eingescannt und auf das gleiche 190g-Papier nochmal ausgedruckt – da ich nicht auf meinem Original rummalen wollte. Die Linien sind blau statt schwarz, was weniger an besonderer Kreativität, sondern mehr an leeren Druckerpatronen lag. 😉 Ausgemalt habe ich es wie immer mit meinen geliebten Albrecht Dürer (137, 151 und meinen drei neuen 154, 160 und 251). Der neue Pinsel kam auch zum Einsatz, hat sich aber als etwas zu dünn herausgestellt, da das dicke Papier das Wasser zu schnell aufsaugt.
Eigentlich wollte ich es ja verschenken – jetzt hängt es eingerahmt über dem Esstisch. 😉
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Dieser Beitrag enthält übrigens unbeauftragte und unbezahlte Werbung durch Markenerkennbarkeit oder Verlinkung.
Das Chaospony aka Sandra Lina bloggt nicht nur und schreibt das ein oder andere Büchlein, es ist auch noch das Verleger-Pony im Chaospony Verlag. Finden kann man es auf Konzerten, Buchmessen, Festivals oder in der Buchhandlung Zeilenmagie (die hinter der Theke mit den bunten Haaren).
2 Responses
Hallo Chaospony, danke für deinen Blog. Ich war auf der Suche nach einem Forum, in dem sich über Verlage ausgetauscht wird, die Malbücher verlegen. Das dies mein Ziel ist. Da stieß ich auf deine Seite und das mit dem self Publishing.. Großartige Idee eigentlich 🙂
Und ganz nebenbei lerne ich auch noch was über Handlettering, was mich auch schon lange interessiert. Schätze du hast eine Abonenntin mehr jetzt. Vielen Dank 😀
Hallo Steff,
danke für deinen netten Kommentar! Ich wünsche dir viel Spaß beim Handlettering und viel Erfolg mit deinem Malbuch! Wenn du irgendwelche Fragen zu dem Thema hast, kannst du mich auch gerne einfach anschreiben.
Liebe Grüße!