Es gibt Berufe, die scheinbar jeder beherrscht – zumindest nach eigener Aussage. Ein ganz gutes Beispiel dafür sind die Autoren. Geht doch mal in Gedanken eure Freundes- und/oder Bekanntenliste durch (oder fragt Facebook) und überlegt, wer schon einmal ein Buch geschrieben oder wenigstens begonnen hat – obwohl er oder sie eigentlich einem ganz anderen Beruf nachgeht. Na? Sollte euch spontan keiner einfallen, dann fragt mal beizeiten zehn eurer Freunde. Einer ist mit Sicherheit dabei.

Autor werden oder sein

Autor ist nicht gleich Autor

Unter den eigentlich fachfremden Hobby-Autoren gibt es viele unterschiedliche Typen. Die ersten, die mir (Bekanntenkreis-bedingt) zuerst in den Sinn kamen, sind folgende:

Der „Ihr habt doch alle keine Ahnung“-Autor:
Mir fällt zum Beispiel dieser eine Typ ein, der gleich eine ganze Sammlung von Manuskripten in der Nachttisch-Schublade hortete. Von Kurzgeschichten über Romane war alles dabei. Ich bot damals an, eines der größeren Werke (ein Fantasy-Roman epischen Ausmaßes) gegenzulesen um herauszufinden, weshalb es bislang immer von den Verlagen abgelehnt wurde. Nach einigem Zögern lag der Stapel Papier vor mir und ich begann. Nach etwa einem Dutzend DIN A4-Seiten warf ich allerdings bereits das Handtuch – überheblicher Schreibstil, unaussprechliche Namen, eine völlig unüberschaubare Fantasywelt, dazu althergebrachtes wie Elfen und Zwerge und eine Story, deren Anfang in etwa so lautete: Ein magischer Stein wurde zerteilt und unter diversen Völkern und Rassen aufgeteilt. Ganz ehrlich, also ICH verstehe, warum sich kein Verlag gefunden hatte. Als ich meine Kritik in ein vorsichtiges, konstruktives Gewand packte, wurde mir allerdings entgegen gesetzt, dass ich schlicht keine Ahnung von Literatur hätte. Und alle anderen, die vorher schon Kritik geäußert hätten, ebenfalls nicht. Nun ja. Seine Kurzgeschichten waren übrigens echt gut.

Der „Ich schreibe zwar, aber ihr dürft es nicht lesen“-Autor:
Ein weiterer Hobby-Autor hat bereits sein erstes Buch abgeschlossen und werkelt derzeit am zweiten Teil. Veröffentlicht ist es (noch) nicht.

Der „Ich bin etwas besonderes“-Autor:
Auch den hat fast jeder im Bekanntenkreis: Den Auserwählten, der als einziger die Stimmen hört und sich berufen fühlt, sie für die Mit- und Nachwelt aufzuschreiben. Profitgier ist hier eher nicht anzutreffen, hier zählt alleine die Botschaft!

Der echte Autor:
Ja, auch den gibt es. Er zeichnet sich durch Talent, Durchhaltevermögen und System/Struktur beim Schreiben aus. Um den geht es aber jetzt nicht. Denkt ihn euch also aus diesem Artikel kurz mal weg. 😉

Diese Liste könnte ich jetzt noch ewig weiterschreiben. Hauptsächlich sind es übrigens (ehemalige) Studenten und das bevorzugte Genre ist (nahezu ausschließlich) Fantasy. Das Thema „Lektorat“ scheinen so ziemlich alle zu unterschätzen und sehen auch keinen Mehrwert darin, einen Profi das Werk überarbeiten zu lassen. Schließlich ist das Baby perfekt, so wie es ist. Und so verschwindet das Manuskript dann bestenfalls in der Nachttisch-Schublade.

Werft das Werk in die Welt!

Dabei ist Veröffentlichen heutzutage so einfach. Das Zauberwort heißt Self Publishing – man umgeht dabei die Hürde der Verlags-Qualitätskontrolle und kann so auch den übelsten Mumpitz auf den Markt bringen. Es gibt in diesem Bereich sogar mehrere Dienstleister, ich beschränke mich aber der Einfachheit halber in diesem Artikel auf den Marktriesen Amazon mit seinem CreateSpace. Nehmen wir also mal an, ein Autor hat ein Buch fertig geschrieben. Nun möchte er (das gilt natürlich auch für Weibchen) seine Vorstellung eines perfekten Schriftstücks der Öffentlichkeit zugänglich machen. Nehmen wir weiterhin an, dass jener Autor gerne auch ein paar Euronen damit verdienen möchte, denn schließlich hat die Erstellung ja auch einiges an Zeit gekostet.

Wir bleiben mal beim beliebten Genre Fantasy: Laut Writer’s Digest liegt die perfekte Anzahl an Wörtern für ein Fantasy-Buch zwischen 100.000 und 115.000. Wenn man eine durchschnittliche Wortzahl von 250 pro Seite zugrunde legt, dann kommen wir bei 400 bis 460 Seiten raus, was für ein Debut-Buch auch mehr als ausreichend ist.

als Autor ein Buch veröffentlichen

Lasst das Geld regnen!

Dem geneigten Leser ist vermutlich schon der erste Fehler im Self Publishing-System aufgefallen: Ein hauptberuflicher Autor wird verhungert und obdachlos sein, bis die ersten Rubel rollen. Doch lassen wir das jetzt einfach mal außer Acht und beginnen zu rechnen.

Zur Überlegung, wie lange man für ein komplettes Buch überhaupt brauchen könnte, schauen wir mal, was die Profis so sagen. Robert Corvus beispielsweise, erzählte dem Fantasy Weblog, dass er bis zu 20 Seiten an guten Tagen schaffe. Nicholas Sparks andererseits setzt sich als Ziel 2000 Wörter (nach unserer Rechnung mit 250 Wörtern/Seite wären das acht Seiten) pro Tag. Und Susanne Gerdom benennt gegenüber dem Fantasy Weblog 7 Seiten oder 1700 Wörter als Tagespensum – gelegentlich auch mal das Doppelte. Nehmen wir mal die niedrigste Angabe von 1700 Wörtern als Grundlage, dann würde ein Roman mit 100.000 bis 115.000 Wörtern zwischen 59 und 68 Tagen dauern. Wochenenden, Krankheit, Schreibblockaden und anderweitige berufliche Tätigkeit nicht mitgerechnet. Passen wir die Rechnung also noch etwas weiter an: Ein Hobby-Autor, der seinen Lebensunterhalt vor dem ersten Bestseller noch anderweitig bestreiten muss, wird dieses Schreibpensum nicht am Tag, sondern eher in einer Woche schaffen – das wären umgerechnet im Schnitt immer noch mehr als eine Stunde am Tag, inklusive des Wochenendes. Schon sind wir bei einer Schreibdauer von über einem Jahr – und das auch nur, wenn nichts dazwischen kommt (aber immerhin entgeht man so dem Hungertod…).

Jetzt wird es interessant: Damit aus den roten Zahlen im Nachhinein schwarze werden, schauen wir mal, wie oft sich das Buch verkaufen muss, bevor man effektiv produktiv arbeitet. Also zurück zu CreateSpace. Der Autor kann hier den späteren Verkaufspreis seines Buchs selbst festlegen. Vom Nettopreis werden dann 7% Mehrwertsteuer abgezogen, dann 40% Amazon-Anteil, dann die Druckkosten und der Rest geht an den Autor. Sagen wir mal, es soll ein Taschenbuch werden und nehmen unsere geschätzten 430 Seiten als Mittelwert, dann könnte ein zukünftiger Verkaufspreis zum Beispiel 14,99€ betragen. Das liegt noch innerhalb einer gewissen Schmerzgrenze für den Käufer. Nun die Rechnung dazu: Der Nettopreis nach Abzug der Mehrwertsteuer ist 13,94€. Zieht man dann den Amazon-Anteil von 5,58€ ab, bleiben noch 8,36€. Die Druckkosten betragen bei weißen Seiten mit schwarzem (also nicht farbigem) Druck pro Seite 0,012€ plus einmalig pro Buch 0,60€ für den Einband, Laminierung etc., also in unserem Fall 5,76€. Na, wer hat’s schon ausgerechnet? Richtig, der Autor bekommt 2,60€ pro verkauftem Buch. Ein realistischer Stundensatz für einen freiberuflichen Autor (ich behandle unseren imaginären Hobby-Autor als Freiberufler, alles andere wäre irgendwie sinnfrei) könnte zwischen 50 und 120€ liegen. Die Untergrenze ist schon ziemlich knapp bemessen, aber schließlich ist es das Autoren-Debut und da möchte man ja nicht zu dick auftragen. Also rechnen wir mit dem Minimum von eben diesen 50€ weiter. Der Taschenrechner wird wieder gezückt: 59 bis 68 Arbeitstage bestehen aus 472 bis 544 Arbeitsstunden bei einem Schnitt von 8 Stunden/Tag. Oder anders gesagt: 23.600 bis 27.200€ bei einem Stundenlohn von 50€. Um das im Nachhinein zu erwirtschaften, muss sich das Werk zwischen 9.077 und 10.462 mal verkaufen. Erst jeder weitere Verkauf DANACH ist dann Gewinn. An dieser Stelle wäre vielleicht eine kleine Kunstpause angebracht. 😉

Und die Moral von der Geschicht?

…Autor werden lohnt sich nicht. Oder doch? Eigentlich schreit es ja geradezu nach einem Langzeit-Selbstversuch*, aber leider habe ich gerade kein fertiges Roman-Manuskript in meiner Nachttisch-Schublade (ich habe nicht einmal einen Nachttisch). Oder zumindest nach einem Interview mit ein oder zwei Autoren. Echten Autoren. 😉

Ich finde das Thema jedenfalls ziemlich spannend und werde dran bleiben. Und nur falls ihr euch gerade fragt, warum ich mich überhaupt mit Verlagen und Book on Demand-Dienstleistern auseinandergesetzt habe – ich konnte seit meinem Mandala-Versuch einfach nicht aufhören weitere Mandalas zu erstellen und habe dadurch quasi nebenbei ein ganzes Malbuch gebastelt. Und jetzt überlege natürlich, wie ich das Werk unters Volk streuen kann – schließlich haben mir die Stimmen das so gesagt. 😉

Habt ihr euch auch schon einmal an einem Buch versucht oder sogar schon eins erfolgreich veröffentlicht?

*Ich konnte es nicht lassen und habe tatsächlich einen kleinen Selbstversuch gestartet. Fakten und Zahlen folgen.

 

 

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