Ich habe das Hörbuch über Spotify gehört. Normalerweise mache ich eher einen Bogen um Mainstream-Bücher oder Hype-Gedöns, aber irgendwann werde selbst ich mal neugierig und verlasse meine Komfortzone. Achtung, das hier wird ganz und gar nicht spoilerfrei!
Obsidian von Jennifer L. Armentrout – Oder: Wie sehr kann ein Alien nerven, bevor man ihn trotzdem liebt?
Es gibt Bücher, die man aufschlägt und sofort weiß: „Das hier wird mir Spaß machen.“ Und dann gibt es Obsidian, wo man denkt: „Warum lese ich das? Hab ich nix besseres auf dem SuB?“
Doch ehe man sich versieht, steckt man mitten in einem heißen Alien-Drama, das sich liest wie Twilight auf Speed – nur mit besseren Dialogen und einem männlichen Protagonisten, der nicht aussieht, als hätte er seit 300 Jahren kein Sonnenlicht mehr gesehen.
Die Story: Ein Mädchen, ein Alien und sehr viel Gezanke
Unsere Heldin Katy zieht mit ihrer Mutter in ein winziges Nest, das nicht einmal ein ordentliches Funk-Signal zu haben scheint. Dafür gibt es nebenan einen gutaussehenden, aber unerträglich arroganten Typen namens Daemon Black, der so ziemlich alles tut, um Katy von sich fernzuhalten – was in der Welt der Romantasy natürlich nur heißen kann: Sie werden sich unsterblich ineinander verlieben.
Katy findet heraus, dass Daemon und seine Schwester Dee nicht von dieser Welt sind – im wahrsten Sinne des Wortes. Sie sind Lux, eine Alien-Spezies aus reinem Licht, die sich mit nervigen Schattenwesen, den Arum, herumschlagen müssen. Und weil Katy durch einen dummen Zufall mit Daemon verbunden wird, ist sie plötzlich auch im Visier dieser finsteren Gestalten.
Die Charaktere: Zwischen heiß und hochgradig nervig
Katy: Buchbloggerin. Warum auch immer, es spielt eigentlich keine Rolle – sie kommt ohnehin nicht zum Lesen. Trotzdem wird ständig erwähnt, dass sie irgendwelche Rezensionen postet. Sie ist schlagfertig und eine der wenigen Protagonistinnen in diesem Genre, die tatsächlich eine eigene Meinung hat. Dafür lügt sie permanent ohne sinnvollen Grund und macht damit die Situation nicht gerade besser – aber immerhin ist sie kein Wackelpudding auf zwei Beinen.
Daemon: Alien, Bad Boy, Nervensäge – aber natürlich unnormal sexy. Stellt euch einen Typen vor, der aussieht wie ein Model aus einer Calvin-Klein-Werbung und sich aufführt wie ein pubertierender Kater mit Territorialproblemen. Er kann absolut unerträglich sein – und genau deshalb funktioniert seine Dynamik mit Katy so gut.
Dee: Daemons Schwester und der personifizierte Sonnenschein. Ihre Rolle erschließt sich mir nicht so ganz – sie will unbedingt mit Katy befreundet sein, mehr aber auch nicht. Der Charakter entwickelt sich nicht wirklich weiter, was schade ist.
Das Drama, die (gelegentlich toxische) Romantik und die endlosen Wiederholungen
Jennifer L. Armentrout hat das Enemies to Lovers-Trope perfektioniert. Katy und Daemon streiten sich ungefähr alle zwei Seiten – und das wäre super, wenn sie sich dabei nicht ständig im Kreis drehen würden.
Ein typischer Dialog?
Daemon: „Ich will dich nicht in meiner Nähe.“
Katy: „Du bist so ein Arsch.“
Daemon (fünf Minuten später, mit intensiven Blicken aus seinen leuchtenden smaragdgrünen Augen): „Aber du bist anders als andere Mädchen …“
Katy: Will unbedingt stark bleiben, aber sein Oberkörper ist leider verdammt beeindruckend.
Und dann geht das Ganze von vorn los. Die Chemie zwischen ihnen ist da, keine Frage, aber irgendwann möchte man die beiden einfach in ein Zimmer sperren, bis sie entweder Vernunft annehmen oder sich gegenseitig umbringen. Oder beides.
Der Schreibstil: Locker, flott – aber die Dialoge sind nichts Besonderes
Armentrout schreibt unterhaltsam und leicht, das muss man ihr lassen. Ihr Stil sorgt dafür, dass sich das Buch in einem Rutsch weglesen lässt – wenn man sich nicht gerade dabei erwischt, frustriert die Augen zu rollen. Denn so spritzig der Tonfall ist, so vorhersehbar sind die Gespräche zwischen Katy und Daemon. Schlagfertig? Ja, wenn man den Standard für Schlagfertigkeit so weit absenkt, dass „Ugh, du bist so ein Mistkerl“ als geistreicher Konter zählt.
Fazit: Muss man es gelesen haben?
Wenn du Twilight mochtest, aber dachtest „Bella hätte ruhig mehr Rückgrat haben können“ – dann lies es. Wenn du heiße Aliens und ein bisschen Highschool-Drama magst – dann lies es. Wenn du Spaß an einem Buch hast, das sich selbst nicht allzu ernst nimmt – dann lies es.
Wenn du allergisch auf toxische Liebesdinge und sich ewig wiederholende Dialoge reagierst… dann, äh, vielleicht eher nicht.
Aber für alle anderen: Obsidian ist wie ein Unfall, von dem man sich einfach nicht losreißen kann – auch wenn man sich zwischendurch immer wieder fragt, warum man sich das antut.
Das Chaospony aka Sandra Lina bloggt nicht nur und schreibt das ein oder andere Büchlein, es ist auch noch das Verleger-Pony im Chaospony Verlag. Finden kann man es auf Konzerten, Buchmessen, Festivals oder in der Buchhandlung Zeilenmagie (die hinter der Theke mit den bunten Haaren).
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